Hiermit drücken wir unsere Besorgnis über die gravierende sozio-ökologische Verschlechterung der hochandinen Salzebenen und Feuchtgebiete aus, die sie infolge der Ausbeutung ihrer Gewässer für die Nutzung im Bergbau sowohl in Chile als auch in der gesamten Puna de Atacama (Argentinien und Bolivien) erlitten haben; insbesondere in dem als Lithium-Dreieck bekannten Gebiet. Dieser Name allein ist bereits ein Anreiz für die Übernutzung dieses Minerals in den Salzebenen als strategischer Rohstoff für eine “grüne” Energiewende, deren ökologische und soziale Kosten den historischen Fußabdruck des Extraktivismus in den indigenen Andengebieten fortsetzen.
Angesichts der fortwährenden Verstöße von Bergbauunternehmen und der Unfähigkeit des chilenischen Staates, diese angemessen zu kontrollieren und zu sanktionieren, sind wir von unseren Gemeinden und Territorien, Universitäten und NGOs besorgt über das Fehlen eines wirksamen Schutzes der hochandinen Salzebenen und Feuchtgebiete – grundlegende Ökosysteme für menschliches und nichtmenschliches Leben, die anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels und die irreparablen Folgen des Bergbau-Extraktivismus sind.
Zusätzlich zu den schweren Vergehen des Lithium-Giganten SQM, die die Umweltaufsichtsbehörde (SMA) dazu veranlassten, ein aktuell noch laufendes Sanktionsverfahren einzuleiten, erfolgte die Gewährung zusätzlicher Extraktionsquoten von Sole in Form der Umweltgenehmigungen RCA 226/2006 (SQM) und RCA 21/2016 (Albemarle/Rockwood Lithium) ohne ausreichende Kenntnisse der Hydrologie des Salar de Atacamas (Chile); ohne freie, vorherige und informierte Konsultation der indigenen Bevölkerung; und unter der Annahme, dass die Sole (Wasser mit Salz) des Salars kein Wasser ist. Darüber hinaus reiht sich die übermäßige Entnahme von Süßwasser aus den Grundwasservorkommen der Salzebenen durch Minera Escondida (BHP Billiton) über 15 Jahren hinweg zu den dauerhaften Schäden hinzu, die dasselbe Unternehmen in den 27 Jahren der Wasserentnahme aus dem benachbarten Salar de Punta Negra verursacht hat. So akzeptierte der Erste Umweltgerichtshof kürzlich eine vom Staatlichen Verteidigungsrat, zuständig für die juristische Verteidigung öffentlicher Einrichtungen, eingereichte Klage.
In diesem Zusammenhang drücken wir unsere volle Unterstützung für die Argumente aus, die in zahlreichen Fällen von verschiedenen Vertretern des Volkes der Atacameños/Lickanantay vorgebracht wurden, dahingehend dass ihre Rechte nicht respektiert wurden und dass die Umweltschäden am Salar de Atacama eindeutig die Gefahr einer sozio-ökologischen und hydrologischen Erschöpfung darstellen. Wir halten es für wichtig, dass, wie der Rat der Atacameños Völker erklärt, die strengsten Maßnahmen ergriffen werden, die im Verfassungsgesetz der SMA enthalten sind. Insbesondere die in Artikel 3 Buchstabe H gegebene Befugnis, “die in den Beschlüssen über die Umweltgenehmigungen enthaltenen Betriebsgenehmigungen zeitweilig auszusetzen oder andere dringende und vorübergehende Maßnahmen zum Schutz der Umwelt zu ergreifen, wenn die Durchführung oder der Betrieb von Projekten oder Tätigkeiten Auswirkungen hat, die in der Prüfung nicht berücksichtigt/vorhergesehen wurden, und infolgedessen unmittelbarer und ernsthafter Schaden für die Umwelt entstehen kann”; und die in Artikel 39 vorgesehenen Sanktionen: “Die entsprechende Sanktion, die auf jeden Verstoß anzuwenden ist, wird je nach Schwere des Verstoßes innerhalb der folgenden Bandbreiten festgelegt: a) Sehr schwerwiegende Verstöße können den Widerruf des Beschlusses über die Umweltgenehmigung (RCA), die Schließung oder eine Geldstrafe von bis zu zehntausend jährlichen Steuereinheiten zur Folge haben. b) Schwerwiegende Verstöße können den Widerruf des Beschlusses über die Umweltgenehmigung (RCA), die Schließung oder eine Geldbuße von bis zu fünftausend jährlichen Steuereinheiten zur Folge haben.”
Wie von der SMA selbst in einem offiziellen Schreiben vom 14. August eingeräumt wurde, sind im Salar de Atacama Maßnahmen erforderlich, die die Aktivitäten der vier dort operierenden Megaprojekte im Gesamten in Augenschein nehmen: SQM, Albemarle, Minera Escondida und Minera Zaldívar (Antofagasta Minerals/Barrick). Ebenso ist eine verbindliche Beteiligung der Zivilgesellschaft, insbesondere der Atacama- oder Lickanantay-Gemeinden, erforderlich, um die klimatische Vulnerabilität der Gemeinden und der Biodiversität zu berücksichtigen und die verschiedenen Schutzregime im Einzugsgebiet tatsächlich geltend zu machen: das Nationalreservat Los Flamencos, das Naturschutzgebiet Laguna Tebenquiche und das Wassersystem von Soncor (Ramsar Gebiet). Wir fordern daher den chilenischen Staat und seine Behörden auf, dem sozio-ökologischen und ethnokulturellen Schutz der Salzebenen Vorrang vor dem Wettlauf um die kostengünstige Gewinnung von Rohstoffen für den Markt der Individual-Elektromobilität einzuräumen, und wir fordern die zuständigen Behörden dazu auf:
- die lebenswichtige Funktion von Wasser in den Salzebenen auf Basis sowohl der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch der indigenen Wissenschaft und Kosmovision anzuerkennen.
- die in den Dokumenten “Bericht der Sonderuntersuchungskommission über die Handlungen der für die Inspektion und den Schutz von Gletschern, Wassereinzugsgebieten und Salzebenen in Chile zuständigen öffentlichen Stellen” und “Schlussfolgerungen der Untersuchungskommission über die Beteiligung öffentlicher Stellen an der Exploration, Verarbeitung, Abbau, Export und Transport von Lithium sowie die Inhalte des zwischen Corfo und SQM unterzeichneten Vertrags” enthaltenen Empfehlungen zu berücksichtigen, insbesondere in Hinblick auf den Umweltschutz des Salar de Atacamas und die Verträge mit den Lithiumunternehmen SQM und Albemarle.
- einen transdisziplinären, multisektoriellen und plurinationalen Runden Tisch für eine nationale Lithium-Politik und ein integriertes Management der Salzebenen als Ersatz für den Ausschuss für den nichtmetallischen Bergbau, der 2019 von der Regierung Sebastián Piñera abgeschafft wurde, zu bilden; in der Erkenntnis, dass diese Wassereinzugsgebiete von den Atacameños oder Lickanantay, Colla, Aymara und Quechua bewohnt werden und dass sich der Lithiumabbau auf den Salar de Aguas Calientes, Salar de Maricunga, Salar de Pedernales, Salar de Coipasa, Salar de Huasco, Salar de Ollagüe, Salar de Ascotán und viele andere innerhalb des Staatsgebiets ausweiten soll.
- die Vulnerabilität der Andenvölker gegenüber dem Klimawandel und die Komplexität der Wassereinzugsgebiete anzuerkennen und diese Elemente in das Klimaschutzgesetz und die Pläne zu den national festgelegten Beiträgen zum Übereinkommen von Paris (NDC) zu integrieren, um die Reaktivierung einer Wirtschaftsweise und eine Energiewende zu ermöglichen, die die Grenzen eines auf Bergbau-Extraktivismus, insbesondere von Kupfer und Lithium, basierenden Entwicklungsmodells sowie den inneren Wert der Ökosysteme, die mit den hochandinen Salzebenen und Feuchtgebieten verbunden sind, anerkennen.
Die Unterzeichner*innen
Originalveröffentlichung (in Spanisch) mit Unterschriften: